Sie sind hier: Kultur » Stadtmuseum » 80 Jahre Kriegsende & Befreiung

80 Jahre Kriegsende & Befreiung

2025 jährten sich das Ende des Zweiten Weltkriegs, die Befreiung vom Nationalsozialismus und die Wiedererrichtung eines demokratischen Österreichs zum 80. Mal. Das Brucker Stadtmuseum setzte aus diesem Anlass in Kooperation mit namhaften Historiker:innen, Kulturschaffenden und Schulen einen besonderen Schwerpunkt mit generationenübergreifenden Workshops, Projekten und öffentlichen Veranstaltungen. 

Am 8. Mai 1945 endete mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht der Zweite Weltkrieg in Europa. In einer Zeit, in der es kaum noch Zeitzeugen gibt, die aus erster Hand von Nationalsozialismus, Krieg, Befreiung und unmittelbarer Nachkriegszeit berichten könnten, begann das Brucker Stadtmuseum bereits 2024 damit, ein würdevolles Erinnern gemeinsam mit namhaften Historiker:innen, Pädagog:innen, Kulturschaffenden und Schulen vorzubereiten. Besonderer Wert legte man dabei auf die Anknüpfungspunkte zur Geschichte der Stadt Bruck und der Region Obersteiermark Ost. 

Drei Themenkomplexe standen dabei im Mittelpunkt:

  • Jüdisches Leben und jüdische Kultur in Verbindung mit den Stolpersteinen für die jüdische Brucker Unternehmerfamilie Hofmann,
  • die Todesmärsche ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiter:innen nach Mauthausen, von denen mindestens einer unmittelbar durch die Stadt Bruck führte, sowie
  • der Widerstand und die Verbrechen der NS-Justiz in der Region.

Aber auch positives Engagement und ein aktiver Diskurs über die Themen Menschenrechte, Zivilcourage, Demokratie, Toleranz und gutes Zusammenleben sollten durch die Vermittlungsangebote gefördert werden. Mit künstlerischen Interventionen, Workshops und kulturellen Angeboten für alle Generationen sollten auch Personen, die nicht zur Stammklientel des Stadtmuseums gehören, erreicht werden. Mit wahren und belegten Geschichten aus der Region wollte man auch der Leugnung und dem Vergessen dieses schrecklichen Zivilisationsbruchs und der unmenschlichen, nationalsozialistischen Herrschaft entgegenwirken und vor faschistischen, antisemitischen und antidemokratischen Tendenzen warnen. 

Das Projekt wird vom Nationalfonds der Republik Österreich gefördert.

Das Programm im Detail:

  • 7. April 2025, 18 Uhr, Stadtmuseum Bruck an der Mur 
    Die Todesmärsche ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiter:innen und Möglichkeiten eines würdigen Erinnerns
    Vortrag Prof.in Dr.in Eleonore Lappin-Eppel

Ein sogenannter Todesmarsch ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiter:innen von der burgenländischen Grenze über Graz und den Präbichl nach Mauthausen führte am 7. April 1945 unmittelbar durch Bruck an der Mur. Der damals 5-jährige Zeitzeuge Johann Trummer berichtete 2017 im Brucker Stadtmuseum von den Ereignissen. Sein Vater Emmerich Trummer war Bestatter in Bruck, riskierte sein Leben und das seiner Familie, indem er die auf den Brucker Straßen ermordeten Jüdinnen und Juden eine Bestattung ermöglichte und wurde dafür von der Israelitischen Kultusgemeinde in Graz geehrt. 

Der Name Eleonore Lappin-Eppel ist untrennbar mit der Erforschung der sogenannten „Todesmärsche“ ungarischer Jüdinnen und Juden verbunden. In ihrem Vortrag ging sie insbesondere auf die Geschichte der Todesmärsche in der Steiermark ein. Zudem wurde ein Generationenprojekt sowie ein Erinnerungsprojekt der AHS vorgestellt.

  • 11. April 2025, 16 bis 18.30 Uhr, dachbodenTHEATER 2.0
    Ansprechen. Poesie gegen das Schweigen“, generationenübergreifender Schreibworkshop
    zu den Themen Zivilcourage, Demokratie und Menschenrechte mit dem Verein „PLuS - Performte Literatur und Slam Steiermark“
    Anmeldung unter stadtmuseum@bruckmur.at, kostenlos

Der Verein „PLuS – Performte Literatur und Slam Steiermark“ um Mario Tomic unterstützte beim Schreiben und Performen selbstverfasster, engagierter Texte zu den Themen Zivilcourage, Menschenrechte, Demokratie uvm. Teilnehmer:innen konnten ihren eigenen Text schreiben, an Texten weiterarbeiten und lernten Tricks für kreatives, engagiertes Schreiben. Stilistisch gab es für die acht Teilnehmer:innen aller Generationen  keine Grenzen. Ob Lyrik, Story Telling, Rap oder Statement. Absolut kostenlos, offen und selbstbestimmt.

  • 28. April 2025, 18.30 Uhr, Stadtmuseum
    Todesurteile gegen Brucker*innen. Die vergessenen Verbrechen der NS-Justiz
    Vortrag Dr. Heimo Halbrainer 

In der Steiermark gab es während der Zeit des Nationalsozialismus zahlreiche Sondergerichte. Diese Gerichte dienten den Nationalsozialisten nicht nur zur Bekämpfung der politischen Gegner:innen, sondern auch zur Durchsetzung ihrer ordnungspolitischen Vorstellungen sowie zur „Ausrottung“ rückfällig gewordener Straftäter:innen und sonstiger Täter:innen, die gegen „das gesunde Volksempfinden“ verstoßen haben und die deshalb aus der „Volksgemeinschaft“ ausgeschieden werden sollten. Über 280 Todesurteile waren die Folge, über die nach 1945 genauso der Mantel des Schweigens gebreitet wurde, wie über die NS-Richter und Staatsanwälte.

Auch zahlreiche Menschen aus dem Brucker Bezirk wurden von diesen Sondergerichten zum Tode verurteilt, weil sie im Widerstand gegen das NS-Regime aktiv waren oder wegen Diebstahls überführt wurden. Der Vortrag ging neben der Geschichte dieser Sondergerichte und den Urteilen auch der Frage nach, wie die Verbrechen der NS-Justiz nach der Befreiung 1945 „aufgearbeitet“ wurden.

  • 3. Mai 2025, 19 Uhr, dachbodenTHEATER 2.0
    NIE WIEDER KRIEG, Befreiungsfest mit Bands und Poetry
    mit Retschn Ernst und sei Maschin, Tante Gerti, BLINDGODS, Verein PLuS – Performte Literatur und Slam

In Bruck gab es zum Gedenkjahr aber nicht nur Vermittlungsangebote und Erinnerungsprojekte, sondern auch ein Befreiungsfest mit engagierten Stimmen und cooler Musik. Mit dabei warin die regionale Kultuband „Tante Gerti“, das Duo Blindgods aus Graz, die Rage-Against-The-Machine-Tribute-Band Retschn Ernst sei Maschin und die Balkonpoeten Mario Tomic und Da Wastl des steirischen Vereins PLuS – Performte Literatur und Slam. Eintritt as you wish, as you can als Spende für das dachbodenTHEATER 2.0

  • 5. Mai 2025
    17 Uhr, Herzog-Ernst-Gasse 7
    Gedenken für die Familie Hofmann bei den Stolpersteinen

    18 Uhr, Stadtmuseum
    Die Stolpersteine für die jüdische Familie Hofmann in Bruck
    Präsentation BAfEP Bruck, Mag. Thomas Stoppacher

Jüdische Geschichte in der Steiermark vor 1938 und Erinnerungskultur nach 1945 
Vortrag Prof. Dr. Gerald Lamprecht

instrumentale Rahmung durch BAfEP-Schüler:innen

Die jüdische Familie Hofmann betrieb in Bruck bis zum Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland ein erfolgreiches Unternehmen. 1938 wurde das Geschäftslokal arisiert, nur vier Familienmitglieder gelang die Flucht, mindestens zwölf Familienmitglieder wurden in verschiedenen Konzentrationslagern Europas von den Nazis ermordet. 2022 verlegte die Stadt Bruck vor dem ehemaligen Wohn- und Geschäftssitz der Familie Stolpersteine. 

Schüler:innen Brucker Bildungsanstalt für Elementarpädagogik und der Historiker Thomas Stoppacher erinnerten an das Schicksal der jüdischen Familie und sprachen über das Projekt Stolpersteine und Erinnerungsarbeit an Schulen. Danach referierte der Historiker Gerald Lamprecht vom Grazer Centrum für jüdische Studien der Uni Graz über jüdische Geschichte vor 1938 und Erinnerungskultur in der Steiermark.

Das komplette Programmheft zum Download
 

 

Am 12. Februar vermittelte Prof.in Dr.in Eleonore Lappin-Eppel Schüler:innen der 7. und 8. Klassen des Brucker Gymnasiums historisches Wissen über die Endphaseverbrechen, insbesondere die Todesmärsche ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiter:innen nach Mauthausen. Bei der Gelegenheit übermittelte das Stadtmuseum der renommierten Forscherinnen auch Dokumente, die zumindest einen Todesmarsch durch Bruck dokumentierten. 

Am 24. Februar fand bereits die Workshops Nummer 3 und 4 von Thomas Stoppacher vom Verein Granatapfel für Schüler:innen und Schüler der BAfEP Bruck unter dem Titel “(Not any more) Lost in Nahost” im Brucker Stadtmuseum statt. Granatapfel Kulturvermittlung bietet seit vielen Jahren antisemitismuskritisches und diskriminierungssensibles Vermittlungsprogramm mit den Mitteln des interkulturellen Lernens und interreligiösen Dialogs an. All diese Kompetenzen und Expertisen laufen in diesem Format zusammen. Mit der Workshopreihe zum Nahostkonflikt soll Integration, Menschenrechtsbildung, Friedenspädagogik, Diversitäts- und Demokratiebewusstsein mit unterschiedlichen pädagogischen Methoden vertieft werden. Zudem fanden im Schuljahr bereits fünf Granatapfelworkshops unter dem Titel “Tacheles reden” zu jüdischem Leben, jüdischer Kultur und Geschichte statt.

Prof.in Dr.in Eleonore Lappin-Eppel hielt am 7. April - dem 80. Jahrestag eines dokumentierten Todesmarsches durch Bruck an der Mur - im vollen Brucker Stadtmuseum einen spannenden öffentlichen Vortrag uber die Todesmärsche ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiter:innen und Möglichkeiten eines würdigen Gedenkens. Ein sogenannter Todesmarsch von der burgenländischen Grenze über Graz und den Präbichl nach Mauthausen führte am 7. April 1945 unmittelbar durch Bruck an der Mur. Der damals 5-jährige Zeitzeuge Johann Trummer berichtete 2017 im Brucker Stadtmuseum von den Ereignissen. Sein Vater Emmerich Trummer war Bestatter in Bruck, riskierte sein Leben und das seiner Familie, indem er die auf den Brucker Straßen ermordeten Jüdinnen und Juden eine Bestattung ermöglichte und wurde dafür von der Israelitischen Kultusgemeinde in Graz geehrt. Am 11. April beteiligten sich 8 Teilnehmer:innen an einem Schreibworkshop mit Mario Tomic zum Thema Zivilcourage unmittelbar vor dem darauffolgenden Poetry Slam, bei dem auch zwei Workshopteilnehmende auftraten.

Am 24. April fand eine Fortbildung für Lehrende in der Sekundarstufe der Pädagogischen Hochschule Steiermark mit Gerald Lamprecht und Georg Marschnig zum Thema “80 Jahre Kriegsende und Befreiung vom Nationalsozialismus” mit tollen Tipps zum Unterricht in Mittel- und höheren Schulen statt.

Am 28. April wurden mit Unterstützung des Museumsvereins und Menschen aus der Zivilgesellschaft am Nachmittag die Stolpersteine für die Familie Hofmann in der Herzog-Ernst-Gasse geputzt. Am Abend berichtete Heimo Halbrainer in seinem Vortrag "Todesurteile gegen Brucker:innen über die vergessenen Verbrechen der NS-Justiz und deren Aufarbeitung mit besonderem Schwerpunkt auf Fälle aus Bruck im vollen Stadtmuseum. Das vorgestellte Buch ist im Clio-Verlag erschienen.  http://www.clio-graz.net Geschäftsführer Dominik Knes stellte am Beginn das Angebot die Projekte der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus vor. Irmengard Kainz, Obfrau des Museumsvereins, übernahm die Begrüßung.

Das Befreiungsfest am 3. Mai mit performter Poesie und cooler Musik war ein kräftiges Statement: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus! Den Start machten die neinheimischen PLuS-Balkonpoeten Mario Tomic und Da Wastl alias Kleinwuchs und Größenwahn, die das Programm für "Nie wieder Krieg" von 19:14 bis 19:45 übernahmen. Danach sorgte das Rock-Metal-Duo Blindgods für harte und kritische Töne. Widerständig und stimmungsvoll ging's mit der Brucker Kult-Punk-Band Tante Gerti weiter. Am Ende bewiesen Retschn Ernst sei Maschin, dass die Rage-Against-The-Maschin-Texte leider aktueller sind denn je. 

Am vorläufigen Abschlusstag des Vermittlungsangebotes am 5. Mai 2025 fand bei den Stolpersteinen für die Familie Hofmann in der Herzog-Ernst-Gasse ein stimmiges Gedenken statt. Danke an alle, insbesondere an die Schüler:innen und Lehrpersonen der BAfEP und der Mittelschule Bruck sowie Gemeinderat Harald Rechberger fürs Dabeisein und natürlich Irmengard Kainz für die Gestaltung.

Danach fand unser diesjähriges Vermittlungsprogramm zu "80 Jahre Kriegsende und Befreiung" im Stadtmuseum einen vorläufigen, mehr als würdigen Abschluss. Nach der Begrüßung durch Irmi Kainz überbrachte Gemeinderat Harald Rechberger im Namen der Bürgermeisterin Grußworte der Stadt. Thomas Stoppacher sprach über das Vermittlungsangebot des Vereins Granatapfel und über das Projekt Stolpersteine in der Steiermark des Vereins für Gedenkkultur. Im Anschluss präsentierten Schüler:innen der BAfEP eindrucksvoll das Familienschicksal der jüdischen Familie Hofmann, die in Bruck ein Handels- und Produktionsunternehmen führte, das 1938 arisiert wurde. Nur vier Mitglieder der Familie überlebten die Shoah, mindestens zehn Familienmitglieder starben in verschiedensten Konzentrationslagern und Ghettos Europas oder auf der Flucht. 

Danach sprach Gerald Lamprecht über jüdisches Leben in der Steiermark vom Mittelalter bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten, aber auch über den europäischen Antisemitismus.

Auch die musikalische Rahmung der Veranstaltung übernahmen BAfEP-Schüler:innen. 

Danke an alle Beteiligten für den berührenden Abend.