FF 150 BM | 1868 – 2018 | 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Bruck an der Mur
 


Fotografie des Monats September

Gefahrguteinsatz und LKW-Bergung im Jänner 1974
 

Der Begriff Umweltschutz hatte in unserer Gesellschaft lange keine Bedeutung, die Verschmutzung der Gewässer und der nahezu ungefilterte Ausstoß von Schadstoffen aus heimischen Industrieanlagen mögen als Beweis dafür dienen. Vor allem der Verunreinigung der steirischen Flüsse wurde seitens der Politik bis Anfang der 1980er-Jahre wenig entgegengesetzt, bis der sogenannte "Mur-Gipfel" im Mai 1985 endlich konkrete Maßnahmen zur Gewässersanierung brachte. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die steirischen Feuerwehren jedoch schon mehr als zwei Jahrzehnte aktiv mit dem Thema Schadstoffabwehr auseinandergesetzt.

Auslöser für eine koordinierte Schadstoffbekämpfung seitens der steirischen Feuerwehren war ein Mineralölunfall größeren Ausmaßes 1965 im Einzugsbereich der Gösser Brunnen in Leoben. 1966 gab es in Leoben, initiiert von Hofrat Dipl.Ing. Leopold Zwittnig von der Landesbaudirektion, erste Gespräche mit Vertretern der Feuerwehren Göss, Judenburg, Knittelfeld und Bruck an der Mur. Mindeststandards einer Stützpunktfeuerwehr zur Ölabwehr wurden definiert, das "Modell Göss" war geboren. Im "Ölalarmplan" des Jahres 1969 wurden 13 Ölstützpunktwehren entlang der Hauptverkehrstrecken des Bundeslandes definiert, jeder mögliche Einsatzort sollte nicht weiter als 30 Kilometer von den Stützpunkten entfernt lieg
en.

Das erste Ölalarm-Fahrzeug der Steiermark wurde in Göss im Jahr 1967 in Dienst gestellt, auf Grundlage dessen Beladungsplans wurden bis 1972 für alle Ölstützpunktwehren Fahrzeuge der Marke Ford Transit für die Schadstoffbekämpfung seitens der Steiermärkischen Landesregierung zur Verfügung gestellt. Auch die Feuerwehr Bruck stellte, seit 1968 Ölalarm-Stützpunkt, ein solches Fahrzeug für die Unterbringung der bereits vorhandenen Geräte zur "Ölabwehr" in Dienst, das zusätzlich mit einem am Dach verlasteten Hartschalenboot ausgestattet war.

Zu diesem Zeitpunkt kamen bereits Ölbindemittel zum Einsatz, bis dahin behalf man sich mit Sägespänen zum Binden von Mineralölen, zum Abdichten von Leckagen oder Kanaldeckeln wurden in der Frühzeit der Schadstoffbekämpfung Keile, Planen und Tücher verwendet. Im Jahr 1974 kamen zwei Mineralölpumpen zur Schadstoff-Ausrüstung hinzu, 1975 wurden 50 Kanister Lightwater bei der Brucker Feuerwehr stationiert. 1978 wurden Ölschutzanzüge und 1982 schließlich die ersten beiden Chemikalien-Schutzanzüge übernommen.

Die "Hochzeit" an Verkehrsunfällen entlang der ehemaligen "Gastarbeiterroute" herrschte für die Brucker Feuerwehr in den 1970er- und 1980er-Jahren. Hielt sich das Ausmaß an damit einhergehenden Schadstoffeinsätzen in der Anfangszeit noch in Grenzen, wurden mit Zunahme des Schwerverkehrs auch die "Öleinsätze" ein immer größeres Thema. Neben dem Ölfahrzeug wurden sämtliche Fahrzeuge für den technischen Einsatz mit Bindemittel, Auffangbehältern und weiteren Utensilien für den Schadstoffeinsatz ausgestattet.

Das erste Gefährliche-Stoffe-Fahrzeug wurde 1991 in Dienst gestellt, seit 2017 ist die zweite Generation dieses Fahrzeugtyps bei der Feuerwehr Bruck stationiert. Steiermarkweit gibt es neun baugleiche Fahrzeuge dieser Art, der Schadstoffstützpunkt der Brucker Feuerwehr – er besteht seit nunmehr fünf Jahrzehnten – ist für den politischen Bezirk Bruck-Mürzzuschlag verantwortlich und kommt auf Anforderung im gesamten Bundesland zum Einsatz.

Die gegenständliche Fotografie zeigt einen Gefahrguteinsatz im Mai 1974 auf der B17 nahe St.Marein im Mürztal. Ein Tankzug stürzte über die Böschung der Bundesstraße und kam seitlich zu liegen, größere Mengen des transportierten Superbenzins flossen aus. Neben dem Ölalarm-Fahrzeug der Brucker Wehr stand auch der 16t-Kran für die Bergung des LKW-Zugs im Einsatz. Die Leckagen am havarierten Anhänger wurden abgedichtet und das verbliebene Superbenzin über Auffangbecken in einen bereitgestellten Tankzug umgepumpt. Danach wurde zuerst der Anhänger und dann der Tankwagen selbst aufgestellt und auf die Straße gezogen. Um eine weitere Kontamination des Unfallgeländes zu verhindern wurde sodann – aus heutiger Sicht unvorstellbar – das mit Superbenzin getränkte Erdreich abgefackelt. Natürlich wird diese drastische Maßnahme auch dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass der Boden zu dieser Jahreszeit mit Sicherheit gefroren war und ein Abgraben des Erdreichs daher nicht leicht gewesen wäre. Aber generell wandte man die Praxis des Abfackelns von mit Mineralöl kontaminierten Erdreichs durchaus an, da man eine Verschmutzung der Luft eher als eine Verunreinigung des Bodens und somit eine Gefahr für das Grundwasser in Kauf nahm.

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