Der Beginn der
"Gründerzeit" der Freiwilligen Feuerwehren in
Österreich kann mit der Novellierung des Vereinsgesetzes vom
15. November 1867 angesetzt werden. Diese Neufassung
erleichterte die Vereinsgründung wesentlich, sie war nur
mehr bei der Behörde anzuzeigen.
In Bruck wurde von der Bürgerschaft für 6. Dezember 1868
eine Versammlung einberufen, die "infolge häufig
auftretender Brände und unzureichender Löschvorkehrungen"
die Gründung einer Feuerwehr zum Inhalt hatte. Das für die
Vereinsgründung notwendige "Grundgesetz" (Statuten)
wurde ausgearbeitet und anlässlich dieser Sitzung
beschlossen. Mit Eingabe vom 11. Dezember 1868 wurde es der
Vereinsbehörde übermittelt. Nach einigen notwendigen
formalen Änderungen wurden die Statuten schließlich am 10.
Mai 1869 von der k.k. Statthalterei in Graz genehmigt, die
Gründung des Vereins "Freiwillige Feuerwehr in Bruck a.
d. Mur" war nunmehr auch rechtlich vollzogen.
Das Grundgesetz selbst besteht aus 25 Paragraphen und regelt
unter anderem die Arten der Mitgliedschaft, die
Zusammensetzung auf Aufgaben der Wehrleitung, die Einteilung
der Mitglieder, die Art der Abhaltung von ordentlichen und
außerordentlichen Hauptversammlungen, etc.
Bemerkenswert erscheint zunächst die Tatsache, dass die
inhaltliche Ausrichtung dieser Statuten noch starke Anleihen
an den Feuerlöschordnungen nimmt, also jenen gesetzlichen
Grundlagen, die das Feuerlöschwesen vor den
Feuerwehrgründungen regelte. So waren im Grundgesetz von
1868 neben den ausübenden Mitgliedern 1. Klasse
(Ehrenamtliche) auch jene 2. Klasse angeführt, „bestehend
aus den Gehilfen der Maurer, Zimmerleute, Rauchfangkehrer,
Schlosser und Schmiede etc., welche für ihre Dienstleistung
mit Rücksicht auf ihre Verwendung entlohnt werden.“ Dieses
Nebeneinander von ehrenamtlich agierenden Mitgliedern und –
zumindest geringfügig – entlohnter Mannschaft wird nicht
friktionsfrei abgelaufen sein, was sich auch darin
manifestiert, dass die erste geänderte Fassung der Statuten
vom 12. Februar 1871 diese Art von besoldeter Mannschaft
nicht mehr vorsieht. |
|
Zur Zeit der
frühen Feuerwehrgründungen war die Mannschaft noch in
zumeist drei Abteilungen eingeteilt, so auch in Bruck: Die
ausübenden Mitglieder gehörten entweder der Rettungs-, der
Lösch- oder der Schutzmannschaft an. Die Rettungsmannschaft
hatte ursprünglich nichts mit dem Sanitätsdienst zu tun,
sondern erfüllte die Aufgabe, im Brandfall Menschen sowie
Hab und Gut zu retten. Später auch Steigermannschaft
genannt, waren diese Mitglieder versiert im Umgang mit
Leitern und hatten zu Beginn eines Löscheinsatzes die
Aufgabe, mithilfe von Einreißhaken Schneisen in die vom
Brandgeschehen betroffenen Gebäudeteile zu schlagen und das
Feuer solcherart an der Ausbreitung zu hindern. Erst in
weitere Folge kam die Lösch- bzw. später so genannte
Spritzenmannschaft zum Einsatz, die für die Wasserversorgung
als auch für die Bedienung der Feuerlöschrequisiten
verantwortlich war. Die Schutzmannschaft schließlich, der
zumeist ältere Kameraden angehörten, war für den Schutz von
geretteten Vermögenswerten vor Plünderungen zuständig. Für
diese letztgenannte Abteilung gab es offensichtlich bald
schon keinen Bedarf mehr, in den Statuten des Jahres 1874
wird die "Schutzmannschaft" nicht mehr erwähnt.
Generell kam man alsbald zu Ansicht, dass die Einteilung der
Mannschaft in Abteilungen – und die damit einhergehende
strikte Trennung der Mitglieder in der Ausbildung – nicht
der Weisheit letzter Schluss war und so ging man in der
Steiermark bereits vor der Wende zum 20. Jahrhundert zum
Konzept des sogenannten "Einheitsfeuerwehrmannes"
über. Ähnlich der heute praktizierten Grundausbildung wurden
die Mitglieder dabei einheitlich in all jenen Belangen
geschult, die sie befähigten, gewisse Szenarien innerhalb
der definierten Löschgruppe bewältigen zu können.
Neben diesen gravierenden Unterschieden zur aktuellen
Situation beinhalten die Statuten des Jahres 1868 jedoch
auch Aspekte, die heutzutage faktisch unverändert zur
Anwendung kommen. So heißt es etwa in §3 (Aufnahme der
Mitglieder): "Jedes eintretende Mitglied wird zur
Erfüllung seiner Obliegenheiten vom Wehrhauptmanne mittelst
Handschlag verpflichtet.", was der heutigen Angelobung
entspricht. Über den "Wirkungskreis des Wehrhauptmannes"
ist zu lesen (§9): "Auf dem Brandplatze ist der
Wehrhauptmann in den taktischen Anordnungen unabhängig und
ihm hat Jedermann im Nahmen des Bürgermeisters unbedingt
Folge zu leisten." Zum einen wird an dieser Stelle auf
die "Souveränität" des Einsatzleiters und zum anderen
auf die feuerpolizeiliche Aufgabenverteilung in der Gemeinde
verwiesen, die in §23 noch präzisiert wird: "Da die
Handhabung der Feuerpolizei zu den Rechten und Pflichten der
Gemeinde gehört, so geschieht die Dienstleistung der
freiwilligen Feuerwehr in Ausübung eines ihr von der
Gemeinde eingeräumten Befugnißes. Der Bürgermeister übt das
Aufsichtsrecht über die Wehr, er ist daher [...] über Alles,
was auf den Feuerwehrdienst Bezug hat, unverweilt in
Kenntniß zu setzen."
Vergleicht man die aufeinanderfolgenden, stets in Details
abgeänderten Statuten, lassen sich daran veränderte
Aufgabenstellungen, weiterentwickelte Zugänge in technischen
und taktischen Belangen, unterschiedliche rechtliche
Sichtweisen und sogar gesellschaftspolitische Phänomene
ableiten. Eine spannende Angelegenheit, auch wenn es sich
dabei um "trockene" Rechtsmaterie handelt.
Der geneigte Leser möge uns jedenfalls die Wahl dieses für
die Brucker Feuerwehr bedeutenden Dokuments anstatt der
gewohnten "Fotografie des Monats" hoffentlich
nachsehen! |