FF 150 BM | 1868 – 2018 | 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Bruck an der Mur
 


Fotografie des Monats Februar

Das Grundgesetz vom 6. Dezember 1868
 

Der Beginn der "Gründerzeit" der Freiwilligen Feuerwehren in Österreich kann mit der Novellierung des Vereinsgesetzes vom 15. November 1867 angesetzt werden. Diese Neufassung erleichterte die Vereinsgründung wesentlich, sie war nur mehr bei der Behörde anzuzeigen.

In Bruck wurde von der Bürgerschaft für 6. Dezember 1868 eine Versammlung einberufen, die "infolge häufig auftretender Brände und unzureichender Löschvorkehrungen" die Gründung einer Feuerwehr zum Inhalt hatte. Das für die Vereinsgründung notwendige "Grundgesetz" (Statuten) wurde ausgearbeitet und anlässlich dieser Sitzung beschlossen. Mit Eingabe vom 11. Dezember 1868 wurde es der Vereinsbehörde übermittelt. Nach einigen notwendigen formalen Änderungen wurden die Statuten schließlich am 10. Mai 1869 von der k.k. Statthalterei in Graz genehmigt, die Gründung des Vereins "Freiwillige Feuerwehr in Bruck a. d. Mur" war nunmehr auch rechtlich vollzogen.

Das Grundgesetz selbst besteht aus 25 Paragraphen und regelt unter anderem die Arten der Mitgliedschaft, die Zusammensetzung auf Aufgaben der Wehrleitung, die Einteilung der Mitglieder, die Art der Abhaltung von ordentlichen und außerordentlichen Hauptversammlungen, etc.

Bemerkenswert erscheint zunächst die Tatsache, dass die inhaltliche Ausrichtung dieser Statuten noch starke Anleihen an den Feuerlöschordnungen nimmt, also jenen gesetzlichen Grundlagen, die das Feuerlöschwesen vor den Feuerwehrgründungen regelte. So waren im Grundgesetz von 1868 neben den ausübenden Mitgliedern 1. Klasse (Ehrenamtliche) auch jene 2. Klasse angeführt, „bestehend aus den Gehilfen der Maurer, Zimmerleute, Rauchfangkehrer, Schlosser und Schmiede etc., welche für ihre Dienstleistung mit Rücksicht auf ihre Verwendung entlohnt werden.“ Dieses Nebeneinander von ehrenamtlich agierenden Mitgliedern und – zumindest geringfügig – entlohnter Mannschaft wird nicht friktionsfrei abgelaufen sein, was sich auch darin manifestiert, dass die erste geänderte Fassung der Statuten vom 12. Februar 1871 diese Art von besoldeter Mannschaft nicht mehr vorsieht.

Zur Zeit der frühen Feuerwehrgründungen war die Mannschaft noch in zumeist drei Abteilungen eingeteilt, so auch in Bruck: Die ausübenden Mitglieder gehörten entweder der Rettungs-, der Lösch- oder der Schutzmannschaft an. Die Rettungsmannschaft hatte ursprünglich nichts mit dem Sanitätsdienst zu tun, sondern erfüllte die Aufgabe, im Brandfall Menschen sowie Hab und Gut zu retten. Später auch Steigermannschaft genannt, waren diese Mitglieder versiert im Umgang mit Leitern und hatten zu Beginn eines Löscheinsatzes die Aufgabe, mithilfe von Einreißhaken Schneisen in die vom Brandgeschehen betroffenen Gebäudeteile zu schlagen und das Feuer solcherart an der Ausbreitung zu hindern. Erst in weitere Folge kam die Lösch- bzw. später so genannte Spritzenmannschaft zum Einsatz, die für die Wasserversorgung als auch für die Bedienung der Feuerlöschrequisiten verantwortlich war. Die Schutzmannschaft schließlich, der zumeist ältere Kameraden angehörten, war für den Schutz von geretteten Vermögenswerten vor Plünderungen zuständig. Für diese letztgenannte Abteilung gab es offensichtlich bald schon keinen Bedarf mehr, in den Statuten des Jahres 1874 wird die "Schutzmannschaft" nicht mehr erwähnt.

Generell kam man alsbald zu Ansicht, dass die Einteilung der Mannschaft in Abteilungen – und die damit einhergehende strikte Trennung der Mitglieder in der Ausbildung – nicht der Weisheit letzter Schluss war und so ging man in der Steiermark bereits vor der Wende zum 20. Jahrhundert zum Konzept des sogenannten "Einheitsfeuerwehrmannes" über. Ähnlich der heute praktizierten Grundausbildung wurden die Mitglieder dabei einheitlich in all jenen Belangen geschult, die sie befähigten, gewisse Szenarien innerhalb der definierten Löschgruppe bewältigen zu können.

Neben diesen gravierenden Unterschieden zur aktuellen Situation beinhalten die Statuten des Jahres 1868 jedoch auch Aspekte, die heutzutage faktisch unverändert zur Anwendung kommen. So heißt es etwa in §3 (Aufnahme der Mitglieder): "Jedes eintretende Mitglied wird zur Erfüllung seiner Obliegenheiten vom Wehrhauptmanne mittelst Handschlag verpflichtet.", was der heutigen Angelobung entspricht. Über den "Wirkungskreis des Wehrhauptmannes" ist zu lesen (§9): "Auf dem Brandplatze ist der Wehrhauptmann in den taktischen Anordnungen unabhängig und ihm hat Jedermann im Nahmen des Bürgermeisters unbedingt Folge zu leisten." Zum einen wird an dieser Stelle auf die "Souveränität" des Einsatzleiters und zum anderen auf die feuerpolizeiliche Aufgabenverteilung in der Gemeinde verwiesen, die in §23 noch präzisiert wird: "Da die Handhabung der Feuerpolizei zu den Rechten und Pflichten der Gemeinde gehört, so geschieht die Dienstleistung der freiwilligen Feuerwehr in Ausübung eines ihr von der Gemeinde eingeräumten Befugnißes. Der Bürgermeister übt das Aufsichtsrecht über die Wehr, er ist daher [...] über Alles, was auf den Feuerwehrdienst Bezug hat, unverweilt in Kenntniß zu setzen."

Vergleicht man die aufeinanderfolgenden, stets in Details abgeänderten Statuten, lassen sich daran veränderte Aufgabenstellungen, weiterentwickelte Zugänge in technischen und taktischen Belangen, unterschiedliche rechtliche Sichtweisen und sogar gesellschaftspolitische Phänomene ableiten. Eine spannende Angelegenheit, auch wenn es sich dabei um "trockene" Rechtsmaterie handelt.

Der geneigte Leser möge uns jedenfalls die Wahl dieses für die Brucker Feuerwehr bedeutenden Dokuments anstatt der gewohnten "Fotografie des Monats" hoffentlich nachsehen!

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