FF 150 BM | 1868 – 2018 | 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Bruck an der Mur
 


Fotografie des Monats Jänner

Katastropheneinsatz in Florenz im Jahr 1966
 

Nachdem im November 1966 heftige Regenfälle in Mittelitalien den Fluss Arno über seine Ufer gehen ließen und dieser die gesamte Stadt Florenz unter Wasser setzte, erreichte die Feuerwehr Bruck an der Mur am 14. November 1966 ein Schreiben des Bezirkskommandanten Hans Merl folgenden Inhalts:

"Auf Grund des Ersuchens des Bundesministeriums für Inneres und des Befehls des Landes-Feuerwehr-kommandanten Josef Prugger vom 14. XI. 1966, 17.45 Uhr, fernmündlich werden nach Florenz Tankwagen zur Notwasserversorgung in Marsch gesetzt. Die Kolonne setzt sich zusammen aus:

1 Fahrzeug des Österr. Roten Kreuzes mit
 
  Trinkwasseraufbereitungsanlage als Anhänger
1 Tanklöschfahrzeug der Frw. Feuerwehr Arndorf-Laming
1 Tanklöschfahrzeug der Frw. Feuerwehr Bruck/Mur
1 Tanklöschfahrzeug der Frw. Feuerwehr Mürzzuschlag
1 Tanklöschfahrzeug der Frw. Feuerwehr Zeltweg.

Von der Abstellung eines Kommandofahrzeuges wird Abstand genommen.
Kolonnenkommandant ist der Hauptbrandmeister der Frw. Feuerwehr der Stadt Bruck, Alfred Fierlinger.

Jedes der Feuerwehrfahrzeuge ist mit 2 Fahrer und einem Mann besetzt. Die Namen der Männer werden durch den Kolonnenführer notiert (in Durchschrift). Den Namen sind die Geburtsdaten beizufügen.

Hans Merl, BFKdt."

Es sollte alles sehr schnell gehen an diesem 14. November des Jahres 1966, denn schon um 21:00 Uhr – also nur etwas mehr als drei Stunden nach der Befehlsausgabe durch den Landesfeuerwehrkommandanten – fanden sich die beorderten Mannschaften samt Fahrzeugen bei der Dienststelle des Roten Kreuzes in Bruck ein und setzten sich um 21:30 Uhr Richtung Italien in Bewegung. Einsatzziel der steirischen Hilfsmannschaften war das Spital Careggio in Florenz, in dem aufgrund der teils meterhohen Überflutungen in der Stadt die Trinkwasserversorgung komplett zum Erliegen gekommen war.

Über Thörl-Maglern und Pontebba (ab dort mit Polizeibegleitung) ging es nach Ferrara und am nächsten Tag nach Florenz. Kurz vor zwei Uhr nachmittags beim Spital Carregio angekommen, wurde nach einer kurzen Verpflegung die Arbeit umgehend begonnen. Das verunreinigte Wasser wurde von holländischen Pionieren und Beamten des Brucker Gendarmeriepostens mithilfe von Trinkwasseraufbereitungsanlagen gereinigt und von den vier steirischen Tanklöschfahrzeugen in die Zisternen des rund einen Kilometer entfernten Krankenhauses transportiert. Diese Arbeit wurde vom 15. bis 18. November in 10-Stundenschichten durchgeführt, insgesamt wurden 481.000 Liter Trinkwasser befördert. Untergebracht waren die Steirer im Ursulinenkloster von Florenz, die Verpflegung stellte ein nahe gelegenes Ristorante.

Die Leitung des gesamten Einsatzes hatte das Internationale Rote Kreuz inne. Laut den damals Involvierten wäre ein Grenzübertritt der Gendarmen nicht ohne weiteres möglich gewesen, weshalb sie kurzerhand zu Rotkreuz-Helfern gemacht wurden und, mit RK-Uniformen "getarnt", auch offiziell aus Rotkreuz-Mitarbeiter geführt wurden (siehe oben).

Am 19. November wurde nur vormittags gearbeitet, da nach dem Mittagessen die Heimreise bevorstand. Die Fahrzeuge nahmen vor dem Florentiner Rathaus Aufstellung und die Mannschaften wurden vom Bürgermeister der Stadt Florenz, Piero Bargellini sowie dem österreichischen Botschafter in Rom, Max Löwenthal-Clumecky mit innigen Worten des Dankes verabschiedet. Vermutlich getrieben von etwas Heimweh fuhr die Kolonne die ganze Nacht durch, um schließlich am Morgen des 20. November 1966 unbeschadet wieder in Bruck an der Mur einzutreffen.

Die obere Fotografie zeigt die Kolonne der steirischen Feuerwehrfahrzeuge mit dem Brucker Tankwagen an der Spitze auf der Piazza della Signoria. Links (angeschnitten) der Sockel des Reiterstandbildes Cosimos I., gerade aus der Palast des Handelsgerichts, rechts die Fassade des weltberühmten Palazzo Vecchio.

Auf dem unteren Bild sind die steirischen Mannschaften von Feuerwehr und Gendarmerie zu sehen. Von der Feuerwehr Bruck an der Mur sind vorne in der Mitte Helmut Wenger, rechts dahinter Alfred Fierlinger und nochmals rechts dahinter Wolfgang Wollner auszumachen. Zwischen Fierlinger und Wollner ist – ebenso kein Unbekannter – der Brucker Revierinspektor Erich Lackner zu sehen.

Aus heutiger Sicht ein mehr als bemerkenswerter Einsatz, den die vier steirischen Feuerwehren und die Abordnung der Brucker Gendarmerie in diesem November 1966 absolvierten. Allein die Geschwindigkeit, mit der die Mannschaften und Fahrzeuge zusammengezogen und Richtung Italien in Marsch gesetzt wurden, scheint aus heutiger Perspektive unvorstellbar. Und auch vor solch beindruckender Kulisse wie den Palazzi der Innenstadt von Florenz wird wohl so schnell kein heimisches Feuerwehrfahrzeug mehr Aufstellung nehmen. Die steirischen Hilfsmannschaften leisteten schnell und unbürokratisch Hilfe, die Dankbarkeit der Florentiner Bevölkerung war laut Alfred Fierlinger und Helmut Wenger überwältigend. Ein großartiger Erfolg!

<-- Zurück