Ein tödlicher
Unfall, der auch Tage danach dramatische Szenen nach sich
ziehen sollte, ereignet sich in der Nacht auf Samstag, den
3. Juli 1965 in der damals noch eigenständigen Gemeinde
Picheldorf. Ein 21-jähriger Postbeamter kam auf einer
nächtlichen Spritztour mit einem drei Tonnen schweren
Kabelmesswagen bei Oberdorf von der Straße ab, das Fahrzeug
überschlug sich und stürzte in die Hochwasser führende Mur.
Während sich sein Beifahrer schwimmend ans Ufer retten
konnten, versank der Fahrer samt dem LKW in den Fluten des
Flusses. Eine noch in der Nacht eingeleitete Suchaktion, an
der die Feuerwehren Bruck an der Mur und Kapfenberg
beteiligt waren, verlief ergebnislos. Die Suche wurde am
nächsten Morgen fortgesetzt und es kam zur ersten
dramatischen Situation in Folge dieses Unglücks.
Gegen 8:30 Uhr fiel der Motor des Bootes der Kapfenberger
Feuerwehr aus, wodurch es von der starken Strömung erfasst
und gegen die nahe gelegene Schleuse des Brucker
E-Werkskanals getrieben wurde. Während sich ein Insasse
durch einen Sprung in den Fluss schwimmend ans Ufer rettete,
versuchte der Steuermann das Boot in einen toten Winkel der
Wehranlage zu lenken. Das Manöver schlug jedoch fehl und das
Motorboot wurde samt Feuerwehrmann unter der Schleusenwand
hindurch in den Kanal gespült. Mit Mühe konnte sich der
Fahrer an einer Eisentraverse festklammern, bis ihm
Kameraden ein Seil zuwarfen und er so gerettet werden
konnte. Die Suche musste nach diesem Unfall vorerst
abgebrochen werden.
Eine knappe Woche danach unternahm man einen erneuten
Versuch, diesmal unter Beteiligung des Bundesheeres.
Angehörige einer Pionierkompagnie sollten mithilfe einer
"Förstersonde" (Metallsuchgerät) den verunfallten LKW
aufspüren. Die Mannschaft mit der Sonde befand sich auf
einem Schlauchboot des Bundesheeres, ein Sturmboot des
Heeres und ein weiteres Boot der Feuerwehr Leoben standen
als Rettungsboote zur Verfügung. |
|
Um das knapp
oberhalb der Wehranlage Oberaich vermutete Fahrzeug besser
lokalisieren zu können, wurde die mittlere Schleuse des
Wehrs geöffnet. Das Schlauchboot samt Sonde war mit
Angehörigen des Bundesheeres besetzt, das Sturmboot auch mit
Beamten des Brucker Gendarmeriepostens. Als plötzlich der
Motor des Schlauchbootes ausfiel, konnte das Sturmboot des
Heeres das manövrierunfähige Fahrzeug noch sicher als Ufer
bringen. In einem großen Bogen Richtung Wehr zurückfahrend,
fiel auch dessen Antrieb aus. Es befand sich genau in der
Mitte der nach wie vor stark Hochwasser führenden Mur – und
trieb mit hoher Geschwindigkeit geradewegs auf die
Wehranlage zu. Im Folgenden ereigneten sich dramatische
Szenen, die die sechs Insassen des Sturmbootes in akute
Lebensgefahr brachten.
Während sich drei Beamte durch einen Sprung in die Fluten
mit Müh und Not ans Ufer retten konnten, trieben zwei,
bereits im Wasser befindlich, direkt auf das Wehr zu. Der
Steuermann versuchte noch bis zur letzten Sekunde
verzweifelt, den Motor des Bootes wieder in Gang zu bringen.
Vergeblich: Das Boot zerschellte an einem Betonpfeiler des
Wehrs. Mit letzter Kraft konnten sich die drei
Besatzungsmitglieder an Traversen und zugeworfenen Seilen
festklammern. Sie mussten jedoch auch dort noch um ihr Leben
kämpfen, da eine Rettung von oben die Rettungskräfte selbst
in Lebensgefahr gebracht hätte.
Es grenzt an ein Wunder, dass keines der sechs
Besatzungsmitglieder in den Fluten der Mur ertrunken ist.
Die Bergung des verunglückten LKW selbst konnte erst am 6.
August durchgeführt werden. 150 Meter unter der Wehranlage
und rund fünf Meter vom rechten Murufer entfernt war das
Fahrzeug auf Höhe des Gasthauses Zechner in Oberaich
gesichtet worden. Auch an der Bergung war im Rahmen einer
nachbarschaftlichen Hilfeleistung die Feuerwehr Kapfenberg
beteiligt. Mithilfe der 1963 in Dienst gestellten ersten
Drehleiter der Kapfenberger wurden Feuerwehrmitglieder genau
über dem verunfallten LKW in Stellung gebracht. An einer
Hakenleiter hängend konnte sodann der Brucker Brandmeister
Walter Kremsner einen Anker am havarierten Fahrzeug
anbringen, die Fotografie zeigt ihn im Zeitpunkt dieser
Tätigkeit. Das Fahrzeug wurde in der Folge Stück für Stück
Richtung Ufer und aus dem Fluss gezogen, bis es so weit über
die Wasseroberfläche ragte, dass Kremsner gänzlich bis zum
Fahrzeug hinuntersteigen konnte. Sicher angeschlagen wurde
der LKW vom Mack-Kranwagen der Brucker Feuerwehr schließlich
über die Böschung heraufgezogen.
Eine spektakuläre Aufnahme, die eindrücklich vor Augen
führt, dass Selbstschutz und Sicherheit zur damaligen Zeit
noch absolute Fremdwörter waren. Nicht persönlicher
Leichtsinn – Kremsner war ein äußerst versierter
Feuerwehrmann, Rettungsschwimmer und Taucher –, sondern das
generelle Fehlen eines institutionell verankerten
Sicherheitsbewusstseins ließ die Feuerwehrmitglieder früher
solch waghalsige Manöver durchführen. |