FF 150 BM | 1868 – 2018 | 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Bruck an der Mur
 


Fotografie des Monats November

Die Bergung eines Kabelmesswagens im August 1965
 

Ein tödlicher Unfall, der auch Tage danach dramatische Szenen nach sich ziehen sollte, ereignet sich in der Nacht auf Samstag, den 3. Juli 1965 in der damals noch eigenständigen Gemeinde Picheldorf. Ein 21-jähriger Postbeamter kam auf einer nächtlichen Spritztour mit einem drei Tonnen schweren Kabelmesswagen bei Oberdorf von der Straße ab, das Fahrzeug überschlug sich und stürzte in die Hochwasser führende Mur. Während sich sein Beifahrer schwimmend ans Ufer retten konnten, versank der Fahrer samt dem LKW in den Fluten des Flusses. Eine noch in der Nacht eingeleitete Suchaktion, an der die Feuerwehren Bruck an der Mur und Kapfenberg beteiligt waren, verlief ergebnislos. Die Suche wurde am nächsten Morgen fortgesetzt und es kam zur ersten dramatischen Situation in Folge dieses Unglücks.

Gegen 8:30 Uhr fiel der Motor des Bootes der Kapfenberger Feuerwehr aus, wodurch es von der starken Strömung erfasst und gegen die nahe gelegene Schleuse des Brucker E-Werkskanals getrieben wurde. Während sich ein Insasse durch einen Sprung in den Fluss schwimmend ans Ufer rettete, versuchte der Steuermann das Boot in einen toten Winkel der Wehranlage zu lenken. Das Manöver schlug jedoch fehl und das Motorboot wurde samt Feuerwehrmann unter der Schleusenwand hindurch in den Kanal gespült. Mit Mühe konnte sich der Fahrer an einer Eisentraverse festklammern, bis ihm Kameraden ein Seil zuwarfen und er so gerettet werden konnte. Die Suche musste nach diesem Unfall vorerst abgebrochen werden.

Eine knappe Woche danach unternahm man einen erneuten Versuch, diesmal unter Beteiligung des Bundesheeres. Angehörige einer Pionierkompagnie sollten mithilfe einer  "Förstersonde" (Metallsuchgerät) den verunfallten LKW aufspüren. Die Mannschaft mit der Sonde befand sich auf einem Schlauchboot des Bundesheeres, ein Sturmboot des Heeres und ein weiteres Boot der Feuerwehr Leoben standen als Rettungsboote zur Verfügung.

Um das knapp oberhalb der Wehranlage Oberaich vermutete Fahrzeug besser lokalisieren zu können, wurde die mittlere Schleuse des Wehrs geöffnet. Das Schlauchboot samt Sonde war mit Angehörigen des Bundesheeres besetzt, das Sturmboot auch mit Beamten des Brucker Gendarmeriepostens. Als plötzlich der Motor des Schlauchbootes ausfiel, konnte das Sturmboot des Heeres das manövrierunfähige Fahrzeug noch sicher als Ufer bringen. In einem großen Bogen Richtung Wehr zurückfahrend, fiel auch dessen Antrieb aus. Es befand sich genau in der Mitte der nach wie vor stark Hochwasser führenden Mur – und trieb mit hoher Geschwindigkeit geradewegs auf die Wehranlage zu. Im Folgenden ereigneten sich dramatische Szenen, die die sechs Insassen des Sturmbootes in akute Lebensgefahr brachten.

Während sich drei Beamte durch einen Sprung in die Fluten mit Müh und Not ans Ufer retten konnten, trieben zwei, bereits im Wasser befindlich, direkt auf das Wehr zu. Der Steuermann versuchte noch bis zur letzten Sekunde verzweifelt, den Motor des Bootes wieder in Gang zu bringen. Vergeblich: Das Boot zerschellte an einem Betonpfeiler des Wehrs. Mit letzter Kraft konnten sich die drei Besatzungsmitglieder an Traversen und zugeworfenen Seilen festklammern. Sie mussten jedoch auch dort noch um ihr Leben kämpfen, da eine Rettung von oben die Rettungskräfte selbst in Lebensgefahr gebracht hätte.

Es grenzt an ein Wunder, dass keines der sechs Besatzungsmitglieder in den Fluten der Mur ertrunken ist.

Die Bergung des verunglückten LKW selbst konnte erst am 6. August durchgeführt werden. 150 Meter unter der Wehranlage und rund fünf Meter vom rechten Murufer entfernt war das Fahrzeug auf Höhe des Gasthauses Zechner in Oberaich gesichtet worden. Auch an der Bergung war im Rahmen einer nachbarschaftlichen Hilfeleistung die Feuerwehr Kapfenberg beteiligt. Mithilfe der 1963 in Dienst gestellten ersten Drehleiter der Kapfenberger wurden Feuerwehrmitglieder genau über dem verunfallten LKW in Stellung gebracht. An einer Hakenleiter hängend konnte sodann der Brucker Brandmeister Walter Kremsner einen Anker am havarierten Fahrzeug anbringen, die Fotografie zeigt ihn im Zeitpunkt dieser Tätigkeit. Das Fahrzeug wurde in der Folge Stück für Stück Richtung Ufer und aus dem Fluss gezogen, bis es so weit über die Wasseroberfläche ragte, dass Kremsner gänzlich bis zum Fahrzeug hinuntersteigen konnte. Sicher angeschlagen wurde der LKW vom Mack-Kranwagen der Brucker Feuerwehr schließlich über die Böschung heraufgezogen.

Eine spektakuläre Aufnahme, die eindrücklich vor Augen führt, dass Selbstschutz und Sicherheit zur damaligen Zeit noch absolute Fremdwörter waren. Nicht persönlicher Leichtsinn – Kremsner war ein äußerst versierter Feuerwehrmann, Rettungsschwimmer und Taucher –, sondern das generelle Fehlen eines institutionell verankerten Sicherheitsbewusstseins ließ die Feuerwehrmitglieder früher solch waghalsige Manöver durchführen.

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