Um Kameraden
helfen zu können, die sich im Dienst verletzt hatten,
hielten die Feuerwehren von Beginn an Verbandsmaterial im
Einsatz vorrätig. Die Feuerwehr Bruck beispielsweise
bediente sich nachweislich ab dem Jahr 1870 einer "Apotheke",
die sie im Beiwagen mitführte. Diese "internen"
Hilfeleistungen weiteten sich alsbald auch auf zivile Zwecke
aus, da das Augenmerk der 1880 gegründeten "Österreichischen
Gesellschaft vom Roten Kreuz" bis zum Ersten Weltkrieg
und darüber hinaus primär auf die Unterstützung des
militärischen Sanitätsdienstes lag.
Die Ärzte in den Reihen der Feuerwehren unterrichteten die
Mitglieder in Sanitätsbelangen, erster Feuerwehrarzt in
Bruck war höchstwahrscheinlich der 1872 verstorbene Dr. Karl
Fridrich, nach dem die entlang der ehemaligen Stadtmauer
verlaufende Fridrichallee benannt ist. |
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Aufgrund der
steigenden Bedeutung des Rettungswesens bildete sich 1889
bei der Grazer Freiwilligen Feuerwehr die erste
Rettungsabteilung in der Steiermark, in Bruck an der Mur die
vermutlich erste Einrichtung dieser Art außerhalb der
Landeshauptstadt im Jahr 1897. Legendärer Chefarzt und
Mitbegründer der Brucker Rettungsabteilung war Dr. Martin
Bertha, der von 1920 bis 1936 zudem die Stelle des
Bezirkschefarztes bekleidete. Vorerst beschränkte sich die
Tätigkeit der Rettungsabteilung auf Hilfeleistungen,
Krankentransporte dürften alsbald jedoch ebenso durchgeführt
worden sein – damals wie heute ein lukratives Geschäft!
Nach Ausbruch bzw. mit Fortdauer des Ersten Weltkrieges nahm
das Rettungswesen bei den Feuerwehren stark an Bedeutung zu.
Auch nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verblieb das
zivile Rettungswesen in Österreich bei den Feuerwehren, ehe
die Umbrüche des Jahres 1938 eine gravierende Änderung auch
auf diesem Sektor bedingten: Die feuerwehrlichen
Rettungsabteilungen mussten aufgelöst werden und der gesamte
Sanitäts- und Rettungsdienst wurde schrittweise vom
Deutschen Roten Kreuz übernommen.
Standen den Feuerwehren zu Beginn ihrer Sanitätsaktivitäten
lediglich Räderbahren zur Verfügung, konnte die Qualität der
Tätigkeit durch die Anschaffung von pferdegezogenen
Rettungswägen deutlich verbessert werden. Der erste Wagen
traf am 17. Juli 1897 in Bruck ein, das "Rayon" der
Rettungsabteilung erstreckte sich auf Bruck, Pernegg,
St.Katharein, Kapfenberg, Diemlach, Deuchendorf und Thörl.
Das erste motorisierte Rettungsfahrzeug, ein Mercedes-Benz,
konnte am 16. September 1923 in Dienst gestellt werden, der
zweite Wagen, ein Steyr Typ VII, folgte im Jahr 1929. Dieser
Steyr ist auch auf der gegenständlichen Fotografie zu sehen,
es zeigt die Rettungsmänner (v.l.) Anton "Gummihund"
Egger, Johann Wimmer, Alfred Kügler und den damals
22-jährigen Fahrer Franz Maurer. Beim Gebäude im Hintergrund
handelt es sich um die Realschule am hohen Markt, deren
linker Turm zur damaligen Zeit noch einen Eingang samt
Vordach aufwies.
Aufgenommen wurde dieses Foto am 13. Februar 1934, einen
Tag, nachdem die sogenannten "Februarkämpfe" in Wien,
Linz und weiteren Industrieorten Österreichs losbrachen – so
auch in Bruck. Es handelte sich um einen bewaffneten
Konflikt zwischen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei
bzw. des Republikanischen Schutzbundes und der Regierung von
Kanzler Dollfuß mit seiner Exekutive (Bundesheer,
Sicherheitswache, Gendarmerie) sowie der Heimwehr. Die
Gefechte waren in Bruck an der Mur besonders heftig,
Brennpunkte des Konflikts waren die Forstschule, die
Gendarmerie-Kaserne und der Schlossberg. Einem Schreiben des
späteren Bürgermeisters August Hahn aus dem Jahr 1964
zufolge mussten als direkte oder indirekte Folge der
Ereignisse in Bruck an der Mur insgesamt 19 Personen ihr
Leben lassen (darunter zwei Zivilisten), 15 davon direkt in
der Stadt. Unter den zu Tode Gekommenen befand sich auch der
Arbeiterführer Koloman Wallisch, der am 19. Februar 1934 in
Leoben hingerichtet wurde.
Die Mitglieder der Rettungsabteilung der Brucker Feuerwehr
waren in diesem Einsatz im Zuge der Kampfhandlungen mit
teils lebensbedrohlichen Situationen konfrontiert. Da mit
einem Großeinsatz zu rechnen war, wurde neben den beiden
erwähnten Rettungsfahrzeugen auch ein Saurer-LKW für den
Transport von Verletzten und Toten beigezogen. Im Bereich
der Gendarmerie-Kaserne geriet der Steyr VII zu Beginn des
Gefechtes unter Beschuss, einige Projektile trafen das
Fahrzeug. Der nachfolgende Mercedes konnte nicht mehr
bremsen und krachte in ein Hauseck. Auch rund um die
Forstschule hielten die Gewehrsalven an, die Rettungsmänner
konnten nur unter äußerster Gefahr bereits ihren
Schussverletzungen erlegene Schutzbund-Mitglieder aus dem
Vorgarten der Lehranstalt bergen. Am gefährlichsten waren
jedoch die Fahrten mit dem LKW, da dieser vorerst nicht als
Rettungswagen erkenntlich war. Und selbst das Anbringen
einer gut sichtbaren Rot-Kreuz-Flagge konnte Schüsse auf das
Fahrzeug nicht verhindern.
Dass die eingesetzten Brucker Rettungsmänner allesamt
unversehrt blieben, grenzt an ein Wunder. In 24 Stunden
absolvierten sie rund 25 Einsatzfahrten, an einen geordneten
Dienst und ausreichend Schlaf war nicht zu denken. Es
scheint aus heutiger Sicht unvorstellbar, dass Mitglieder
einer freiwilligen Rettungsorganisation im Zuge von
Kampfhandlungen selbst in Lebensgefahr geraten – und im
Wissen dieser äußersten Bedrohung dennoch wieder und wieder
in den Einsatz gehen. Die Ereignisse des Februar 1934 wurden
in unzähligen Publikationen und im Sinne der Sichtweisen der
damaligen Konfliktparteien äußerst kontroversiell
diskutiert. Aufgrund der jüngeren Geschichte unserer Stadt
stand und steht die Darstellung der Verdienste von Koloman
Wallisch und der Sozialdemokratie naturgemäß im Vordergrund.
Willens zu sein, für seine Überzeugung sein Leben zu geben,
ist zweifelsohne Beweis für bedingungslose Hingabe und
Opferbereitschaft. Nichts desto weniger wäre es an der Zeit,
– erstmals – auch die mutige Leistung der Brucker
Rettungsmänner im Februar 1934 zu würdigen und in den über
Jahrzehnte gefestigten Kanon der Geschichtsschreibung
unserer Stadt aufzunehmen. |