FF 150 BM | 1868 – 2018 | 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Bruck an der Mur
 


Fotografie des Monats Mai

Die Brucker Feuerwehrfahne
 

Eine (Vereins)Fahne ist ein Symbol für Kameradschaftsgeist und die Zugehörigkeit der Mitglieder zu ihrer Organisation. Sie wird bei einer "Ausrückung" stets aufrecht voran getragen, überragt alle und weist der ihr folgenden Körperschaft sozusagen den Weg. Entkoppelt man die Fahne von ihrer latent vorhandenen, politisch bedingten negativen Konnotation, so steht sie für Werte, von denen sich die Feuerwehren zur Zeit ihrer Gründung ebenso wie auch heute leiten ließen und lassen: der Kameradschaft, dem Respekt gegenüber der Gemeinschaft und den Leistungen der Vorgänger, der Zusammengehörigkeit und der Hilfsbereitschaft gegenüber allen Mitgliedern unserer Gesellschaft.

Die Fahne der Feuerwehr Bruck an der Mur wurde erstmals im Jahr 1871 erwähnt und zählt somit wohl zu den ältesten Feuerwehrfahnen der Steiermark. Aus dem Stiftungsjahr hat sich auch das zweigliedrige weiß-grüne Fahnenband erhalten, das in goldgestickten Lettern den Schriftzug "Gott zur Ehr’, dem Nächsten zur Wehr / 18 Brucker freiw. Feuerwehr 71" trägt. Das sogenannte "Fahnenblatt" bestand aus unbestickter, altrosa Seide und maß ca. 150x200cm. Es war mit Goldfransen eingefasst und an den Ecken mit Quasten ebensolcher Farbe versehen.


Als "Fahnenmutter" wird Frau Sophie Racher genannt. Hierin kommt nicht zuletzt auch der gesellschaftspolitische Aspekt der Fahne zum Ausdruck. Sophie Racher war eine angesehen Brucker Bürgerin und der Feuerwehr stets zugetan. Es war durchaus üblich, dass betuchte Mitglieder der Zivilgesellschaft zum Zeichen Ihrer Verbundenheit mit Organisationen und Vereinigungen kostspielige Fahnen stifteten. Auch heute noch entspricht es der Praxis, dass bei der Anschaffung einer Fahne zumeist mehrere Damen aus der Ortsgemeinschaft als Patinen fungieren.

Die gegenständliche Fotografie zeigt Johann Harger, Fleischhauer in Bruck an der Mur. 1892 geboren, trat er 1911 der Brucker Feuerwehr bei und wurde bereits im Jahr 1912 Mitglied der Steigermannschaft und Fahnenjunker. Eine besondere Ehre für einen noch jungen Mann, da die Funktion des Fahnenjunkers eine angesehen und das Amt mit großer Verantwortung verbunden war. Er trägt einen Messinghelm mit dem Lorbeersturmband eines Kommandanten, ein Ehrenbeil, weiße Handschuhe mit Schaft und eine Schärpe in den Turnerfarben schwarz-rot-gold.

Entstanden ist die Fotografie im Atelier von Bernard Zemann, der in Bruck an der Mur als Fotograf ab dem Jahr 1903 nachweisbar ist. Neben einer Filiale in Kapfenberg war er hauptsächlich in Bruck tätig, unzählige Fotos von Begebenheiten und Mitgliedern der Brucker Feuerwehr stammen von ihm. Nach seinem Tod 1913 führt seine Witwe beide Standorte bis zu ihrem Ableben im Jahr 1930 weiter.

Die Brucker Feuerwehrfahne wurde in den Wirren des Kriegsendes 1945 erheblich in Mitleidenschaft gezogen, das Fahnenblatt zum Großteil zerstört. Im Jahr 1950 richtete die Feuerwehr an die Firma Fellinger & Hassinger in Wien eine Anfrage, die die vollständige Reparatur der Fahne sowie von drei Fahnenbändern zum Inhalt hatte. Das Ansinnen, die Fahne wiederherzustellen, wurde seitens der Feuerwehr jedoch nicht weiter verfolgt. Im Jahr 1956 dürfte sie die letzten beiden Male "ausgerückt" sein: einmal im Zuge des Landesfeuerwehrtages in Radkersburg, anderseits anlässlich des 70. Geburtstages von Landesfeuerwehrkommandanten Hans Malissa.

Dankenswerterweise haben sich neben der zweiteiligen Fahnenstange sowie dem kunstvoll gearbeiteten Fahnenspitz samt Transportbehälter 22 Fahnenbänder erhalten, die die Ausrückungen zu verschiedenen Anlässen dokumentieren. Diese betreffen Feierlichkeiten der eigenen und von benachbarten Feuerwehren (Frohnleiten, Judenburg, Kapfenberg, Leoben, Leoben-Donawitz, Mürzzuschlag, Trofaiach, etc.) ebenso wie Gründungsjubiläen und Veranstaltungen von Brucker Vereinen (Männergesangsverein, Rennfelder z’Bruck, Turnverein). Die Erinnerungsbänder dokumentieren jedoch auch Reisen der Fahne zu ferneren Zielen, etwa nach Sopron/Ödenburg (1874), Neumarkt (1897), Bad Aussee (1912) und Innsbruck. Dort beging man im Jahr 1927 das 70-jährige Bestandsjubiläum der Freiwilligen Feuerwehr sowie das 55-jährige Bestehen des Landesfeuerwehrverbandes Tirol – in "Anwesenheit" der Brucker Feuerwehrfahne und somit im Beisein einer Feuerwehrabordnung aus der Kornmesserstadt.

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